1 - Der Schildwache Nachtlied
"Ich kann und mag nicht fröhlich sein,
Wenn alle Leute schlafen,
So muß ich wachen,
Muß traurig sein."
"Liebe Knabe, du mußt nicht traurig sein,
Will deiner warten,
Im Rosengarten,
Im grünen Klee."
"Zum grünen Klee, da geh ich nicht,
zum Waffengarten
Voll Helleparten
Bin ich gestellt."
"Stehst du im Feld, so helf dir Gott!
An Gottes Segen
Ist alles gelegen,
Wer's glauben tut."
"Wers glauben tut, ist weit davon,
Er ist ein König,
Er ist ein Kaiser,
Er führt den Krieg."
Halt! Wer da? Rund! Bleib mir vom Leib!
Wer sang es hier? Wer sang zur Stund'?
Verlorne Feldwacht
Sang es um Mitternacht.
Mitternacht! Mitternacht! Feldwacht!
2 - Verlorne Müh’
SIE
Büble, wir wollen ausse gehe,
Wollen wir? Unsere Lämmer besehe,
Komm, liebs Büberle,
Komm, ich bitt.
ER
Närrisches Dinterle,
Ich geh dir halt nit!
SIE
Willst vielleicht ä Bissel nasche,
Hol dir was aus meiner Tasch;
Hol, liebs Büberle,
Hol, ich bitt.
ER
Närrisches Dinterle,
Ich nasch' dir halt nit.
SIE
Gelt, ich soll mein Herz dir schenke,
Immer willst an mich gedenke;
Nimms, Liebs Büberle!
Nimms, ich bitt.
ER
Närrisches Dinterle,
Ich mag es halt nit!
3- Trost im Unglück
Husar:
Wohlan Die Zeit ist kommen,
Mein Pferd das muß gesattelt sein,
Ich hab mirs vorgenommen,
Geritten muß es sein!
Geh' du nur hin, ich hab mein Teil,
Ich lieb dich nur aus Narretei;
Ohn dich kann ich wohl leben;
Ohn dich kann ich wohl sein.
So setz ich mich aufs Pferdchen,
Und trink' ein Gläschen kühlen Wein,
Und schwör's bei meinem Bärtchen,
Dir ewig treu zu sein.
Mädchen:
Du glaubst, du bist der Schönste
Wohl auf der ganzen weiten Welt,
Und auch der Angenehmste,
Ist aber weit, weit gefehlt.
In meines Vaters Garten
Wächst eine Blume drin:
So lang' will ich noch warten,
Bis die noch größer ist.
Und geh' du nur hin, ich hab mein Teil!
Ich lieb dich nur aus Narretei;
Ohn dich kann ich wohl leben;
Ohn dich kann ich wohl sein.
Beide:
Du denkst, ich werd dich nehmen,
Das hab ich lang noch nicht im Sinn,
Ich muß mich deiner schämen,
Wenn ich in Gesellschaft bin.
4- Wer hat das Liedlein erdacht?
Dort oben in dem hohen Haus,
Da gucket ein fein's, lieb's Mädel heraus,
Es ist nicht dort daheime,
Es ist des Wirts sein Töchterlein,
Es wohnt auf grüner Heide.
Mein Herze ist wund,
Komm, Schätzel, machs gesund.
Dein schwarzbraune Äuglein,
Die haben mich verwundt.
Dein rosiger Mund
Macht Herzen gesund.
Macht Jugend verständig,
Macht Tote lebendig,
Macht Kranke gesund.
Wer hat denn das schöne Liedlein erdacht?
Es haben's drei Gäns übers Wasser gebracht,
Zwei graue und eine weiße;
Und wer das Liedlein nicht singen kann,
Dem wollen sie es pfeifen. Ja!
5 - Das irdische Leben
Mutter, ach Mutter! es hungert mich,
Gib mir Brot, sonst sterbe ich.
Warte nur, mein liebes Kind!
Morgen wollen wir ernten geschwind.
Und als das Korn geerntet war,
Rief das Kind noch immerdar:
Mutter, ach Mutter! es hungert mich,
Gib mir Brot, sonst sterbe ich.
Warte nur, mein liebes Kind,
Morgen wollen wir dreschen geschwind.
Und als das Korn gedroschen war,
Rief das Kind noch immerdar:
Mutter, ach Mutter! es hungert mich,
Gib mir Brot, sonst sterbe ich.
Warte nur, mein liebes Kind,
Morgen wollen wir backen geschwind.
Und als das Brot gebacken war,
Lag das Kind auf der Totenbahr.
6- Revelge
Da müssen wir Soldaten marschieren
Das Gäßlein auf und ab;
Tralali, Tralaley, Tralalera,
Mein Schätzel sieht herab.
"Ach Bruder jetzt bin ich geschossen,
Die Kugel hat mich schwer getroffen,
Trag mich in mein Quartier,
Tralali, Tralalei, Tralala,
Es ist nicht weit von hier."
"Ach Bruder, jetzt bin ich geschossen,
Die Kugel hat mich schwer getroffen,
Trag mich in mein Quartier.
Tralali, Tralaley, Tralalera,
Es ist nicht weit von heir."
"Ach Bruder, ich kann dich nicht tragen,
Die Feinde haben uns geschlagen,
Helf dir der liebe Gott;
Tralali, Tralaley, Tralalera,
Ich muß marschieren bis in Tod."
"Ach, Brüder! ihr geht ja an mir vorüber,
Als wärs mit mir vorbei,
Tralali, Tralaley, Tralalera,
Ihr tretet mir zu nah.
"Ich muß wohl meine Trommel rühren,
Tralali, Tralaley, Tralali, Tralaley,
Sonst werd' ich mich verlieren,
Tralali, Tralaley, Tralalera,
Die Brüder dick gesät,
Sie liegen wie gemäht."
Er schlägt die Trommel auf und nieder,
Er wecket seine stillen Brüder,
Tralali, Tralaley, Tralali, Tralaley
Sie schlagen ihren Feind,
Tralali, Tralaley, Tralalera,
Ein Schrecken schlägt den Feind.
Er schlägt die Trommel auf und nieder,
Da sind sie vor dem Nachtquartier schon wieder,
Tralali, Tralaley, Tralali, Tralaley
Ins Gäßlein hell hinaus,
Tralali, Tralaley, Tralalera,
Sie ziehn vor Schätzleins Haus.
Des Morgen stehen da die Gebeine
In Reih und Glied sie stehn wie Leichensteine,
Die Trommel steht voran,
Daß sie ihn sehen kann.
Tralali, Tralaley, Tralali tralaley, tralalera,
Daß sie ihn sehen kann.
7 - Des Antonius von Padua Fischpredigt
Antonius zur Predigt
Die Kirche findt ledig.
Er geht zu den Flüssen
und predigt den Fischen;
Sie schlagen mit den Schwänzen,
Im Sonnenschein glänzen.
Die Karpfen mit Rogen
Sind all hierher gezogen,
Haben d'Mäuler aufrissen,
Sich Zuhörens beflissen;
Kein Predigt niemalen
Den Karpfen so gfallen.
Spitzgoschete Hechte,
Die immerzu fechten,
Sind eilend herschwommen,
Zu hören den Frommen;
Auch jene Phantasten,
Die immerzu fasten;
Die Stockfisch ich meine,
Zur Predigt erscheinen;
Kein Predigt niemalen
Den Stockfisch so gfallen.
Gut Aale und Hausen,
Die vornehme schmausen,
Die selbst sich bequemen,
Die Predigt vernehmen:
Auch Krebse, Schildkroten,
Sonst langsame Boten,
Steigen eilig vom Grund,
Zu hören diesen Mund:
Kein Predigt niemalen
den Krebsen so gfallen.
Fisch große, Fisch kleine,
Vornehm und gemeine,
Erheben die Köpfe
Wie verständge Geschöpfe:
Auf Gottes Begehren
Die Predigt anhören.
Die Predigt geendet,
Ein jeder sich wendet,
Die Hechte bleiben Diebe,
Die Aale viel lieben.
Die Predigt hat gfallen.
Sie bleiben wie alle
Die Krebs gehn zurücke,
Die Stockfisch bleiben dicke,
Die Karpfen viel fressen,
Die Predigt vergessen.
Die Predigt hat gfallen.
Sie bleiben wie allen.
8 - Rheinlegendchen
Bald gras ich am Neckar,
Bald gras ich am Rhein,
Bald hab ich ein Schätzel,
Bald bin ich allein.
Was hilft mir das Grasen,
Wenn d’Sichel nicht schneidt,
Was hilft mir ein Schätzel,
Wenn’s bei mir nicht bleibt.
So soll ich denn grasen
Am Neckar, am Rhein,
So werf ich mein goldenes
Ringlein hinein.
Es fließet im Neckar
Und fließet im Rhein,
Soll schwimmen hinunter
Ins Meer tief hinein.
Und schwimmt es das Ringlein,
So frißt es ein Fisch,
Das Fischlein soll kommen
Aufs Königs sein Tisch!
Der König tät fragen,
Wems Ringlein sollt sein?
Da tät mein Schatz sagen,
Das Ringlein g’hört mein.
Mein Schätzlein tät springen,
Berg auf und Berg ein,
Tät mir wiedrum bringen
Das Goldringlein fein.
Kannst grasen am Neckar,
Kannst grasen am Rhein,
Wirf du mir nur immer
Dein Ringlein hinein.
9 - Lied des Verfolgten im Turm
DER GEFANGENE
Die Gedanken sind frei,
Wer kann sie erraten;
Sie rauschen vorbei
Wie nächtliche Schatten.
Kein Mensch kann sie wissen,
Kein Jäger sie schießen;
Es bleibet dabei,
Die Gedanken sind frei.
DAS MÄDCHEN
Im Sommer ist gut lustig sein,
Auf hohen, wilden Heiden,
Dort findet man grün Plätzelein,
Mein herzverliebtes Schätzelein,
Von dir mag ich nicht scheiden.
DER GEFANGENE
Und sperrt man mich ein
Im finstere Kerker,
Dies alles sind nur
Vergebliche Werke;
Denn meine Gedanken
Zerreißen die Schranken
Und Mauern entzwei,
Die Gedanken sind frei.
DAS MÄDCHEN
Im Sommer ist gut lustig sein,
Auf hohen, wilden Bergen;
Man ist da ewig ganz allein,
Auf hohen, wilden Bergen;
Man hört da gar kein Kindergeschrei,
Die Luft mag einem da werden.
DER GEFANGENE
So seis wie es will,
Und wenn es sich schicket,
Nur alles sei in der Stille,
Mein Wunsch und Begehren,
Niemand kann’s wehren;
Es bleibt dabei,
Die Gedanken sind frei.
DAS MÄDCHEN
Mein Schatz, du singst so fröhlich hier,
Wies Vögelein in Grase;
Ich steh so traurig bei Kerkertür,
Wär ich doch tot, wär ich bei dir,
Ach muß ich immer denn klagen?
DER GEFANGENE
Und weil du so klagst,
Der Lieb ich entsage,
Und ist es gewagt,
So kann mich nichts plagen,
So kann ich im Herzen
Stets lachen und scherzen.
Es bleibet dabei,
Die Gedanken sind frei.
10 - Wo die schönen Trompeten blasen
Wer ist denn draußen und wer klopfet an,
Der mich so leise, so leise wecken kann?
Das ist der Herzallerliebste dein,
Steh auf und laß mich zu dir ein!
Was soll ich hier nun länger stehn?
Ich seh die Morgenröt aufgehn,
Die Morgenröt, zwei helle Stern,
Bei meinem Schatz, da wär ich gern,
bei meiner Herzallerliebsten.
Das Mädchen stand auf und ließ ihn ein;
Sie heißt ihn auch wilkommen sein.
Willkommen, lieber Knabe mein,
So lang hast du gestanden!
Sie reicht ihm auch die schneeweiße Hans.
Von ferne sang die Nachtigall
Das Mädchen fing zu weinen an.
Ach weine nicht, du Liebste mein,
Aufs Jahr sollst du mein eigen sein.
Mein Eigen sollst du werden gewiß,
Wie's keine sonst auf Erden ist.
O Lieb auf grüner Erden.
Ich zieh in Krieg auf grüner Heid,
Die grüne Heide, die ist so weit.
Allwo dort die schönen Trompeten blasen,
Da ist mein Haus, von grünem Rasen.
11 - Lob des hohen Verstandes
Einstmals in einem tiefen Tal
Kukuk und Nachtigall
Täten ein Wett anschlagen:
Zu singen um das Meisterstück:
„Gewinn es Kunst, gewinn es Glück,
Dank soll er davon tragen.“
Der Kukuk sprach: So dirs gefällt,
Hab ich den Richter wählt,
Und tät gleich den Esel ernennen.
Denn weil er hat zwei Ohren groß,
So kann er hören desto bos,
Und was recht ist, kennen.
Sie flogen vor den Richter bald.
Wie dem die Sache ward erzählt,
Schuf er, sie sollten singen.
Die Nachtigall sang lieblich aus,
Der Esel sprach, du machst mirs kraus.
Du machst mir’s kraus! Ija! Ija!
Ich kanns in Kopf nicht bringen.
Der Kukuk drauf fing an geschwind
Sein Sang durch Terz und Quart und Quint.
Dem Esel gfiels, er sprach nur: Wart!
Dein Urteil will ich sprechen.
Wohl sungen hast du Nachtigall,
Aber Kukuk singst gut Choral,
Und hältst den Takt fein innen;
Das sprech ich nach mein’ hohn Verstand,
Und kost es gleich ein ganzes Land,
So laß ichs dich gewinnen.
Kukuk, Kukuk, Ija!
12 - Der Tamboursg’sell
Ich armer Tamboursg’sell.
Man führt mich aus dem G’wölb,
Wär ich ein Tambour blieben,
Dürft ich nicht gefangen liegen.
O Galgen, du hohes Haus,
Du siehst so furchtbar aus,
Ich schau dich nicht mehr an,
Weil i weiß, daß i g’hör dran.
Wenn Soldaten vorbeimarschieren,
Bei mir nit einquartiern.
Wenn sie fragen wer i g’wesen bin:
Tambour von der Leibkompanie.
Gute Nacht, ihr Marmelstein,
Ihr Berg und Hügelein,
Gute Nacht, ihr Offizier,
Korporal und Musketier,
Gute Nacht, ihr Offizier,
Korporal und Grenadier,
Ich schrei mit heller Stimm,
Von euch ich Urlaub nimm,
Gute Nacht.
13 - Es sungen drei Engel einen süssen Gesang
Es sungen drei Engel einen süßen Gesang,
Mit Freuden es selig in dem Himmel klang;
Sie jauchzten fröhlich auch dabei,
Daß Petrus sei von Sünden frei.
Und als der Herr Jesus zu Tische saß,
Mit seinen zwölf Jüngern das Abendmahl aß,
Da sprach der Herr Jesus: Was stehst du denn hier?
Wenn ich dich anseh’, so weinest du mir!
‘Und sollt’ ich nicht weinen, du gütiger Gott?
Ich hab übertreten die zehn Gebot;
Ich gehe und weine ja bitterlich.
Ach komm’ und erbarme dich über mich!’
Hast du denn übertreten die zehn Gebot,
So fall auf die Knie und bete zu Gott!
Liebe nur Gott in alle Zeit!
So wirst du erlangen die himmlische Freud’.
Die himmlische Freud’ ist eine selige Stadt,
Die himmlische Freud’, die kein Ende mehr hat!
Die himmlische Freud’ war Petro bereit’t,
Durch Jesum, und allen zur Seligkeit.
14 - Urlicht
O Röschen rot,
Der Mensch liegt in grösster Not,
Der Mensch liegt in grösster Pein,
Je lieber möcht ich im Himmel sein.
Da kam ich auf einen breiten Weg,
Da kam ein Engellein und wollt mich abweisen,
Ach nein ich liess mich nicht abweisen.
Ich bin von Gott und will wieder zu Gott,
Der liebe Gott wird mir ein Lichtchen geben,
Wird leuchten mir bis an das ewig selig Leben.
15 - Das himmlische Leben
Wir genießen die himmlischen Freuden,
Drum tun wir das Irdische meiden,
Kein weltlich Getümmel
Hört man nicht im Himmel,
Lebt alles in sanftester Ruh;
Wir führen ein englisches Leben,
Sind dennoch ganz lustig daneben,
Wir tanzen und springen,
Wir hüpfen und singen,
Sankt Peter im Himmel sieht zu.
Johannes das Lämmlein auslasset,
Der Metzger Herodes drauf passet,
Wir führen ein geduldigs,
Unschuldigs, geduldigs,
Ein liebliches Lämmlein zu Tod.
Sankt Lukas den Ochsen tät schlachten
Ohn einigs Bedenken und Achten,
Der Wein kost’t kein Heller
Im himmlischen Keller,
Die Englein, die backen das Brot.
Gut Kräuter von allerhand Arten,
Die wachsen im himmlischen Garten,
Gut Spargel, Fisolen,
Und was wir nur wollen,
Ganze Schüsseln voll sind uns bereit.
Gut Äpfel, gut Birn und gut Trauben,
Die Gärtner, die alles erlauben!
Willst Rehbock, willst Hasen?
Auf offener Straßen,
Sie laufen herbei.
Sollt’ ein Festtag etwa kommen,
Alle Fische gleich mit Freuden angeschwommen!
Dort läuft schon Sankt Peter
Mit Netz und mit Köder,
Zum himmlischen Weiher hinein.
Sankt Martha die Köchin muß sein.
Kein’ Musik ist ja nicht auf Erden,
Die unsrer verglichen kann werden.
Elftausend Jungfrauen
Zu tanzen sich trauen,
Sankt Ursula selbst dazu lacht,
Cäcilie mit ihren Verwandten
Sind treffliche Hofmusikanten,
Die englischen Stimmen
Ermuntern die Sinnen,
Daß Alles für Freuden erwacht!

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